Tonio Bödiker

Tonio Bödiker

Anton Wilhelm Laurenz Karl Maria Bödiker, genannt Tonio Bödiker (* 5. Juni 1843 in Meppen (Emsland); † 4. Februar 1907 in Berlin), war ein preußischer Spitzenbeamter (Geheimer Oberregierungsrat) und erster Präsident des Reichsversicherungsamtes.[1]

Leben

Bödiker wuchs in Haselünne im Emsland auf. Er war der Sohn des Arenbergischen Kreis-Amtshauptmannes Wilhelm Julius Bödiker (1814–1892) und dessen Frau Maria geb. Heyl (1822–1906). Seine Großeltern mütterlicherseits waren der Präfekt Anton Heyl (1775–1854) und dessen Frau Sophie Russell (1794–1861). Er selbst war mit Johanna Devens verheiratet. Aus der Ehe stammen die Söhne Otto (Landrat im Kreis Wipperfürth) und Rudolf (Landrat im Landkreis Sankt Goar).[1] Nach Schulbesuchen in Haselünne (Grundschule) und Meppen (Gymnasium), wo er auch sein Abitur ablegte, studierte er an den Universitäten von Heidelberg, Berlin und Göttingen. 1864 trat er in den Justizdienst ein. Ab 1871 war er im Ministerium des Inneren tätig, bevor er 1873 zum Landrat des Kreises Gladbach berufen wurde.

Von 1884 bis 1897 war er der erste Präsident des Reichsversicherungsamtes. In dieser Funktion schrieb er europäische Sozialgeschichte.[2] Von 1897 bis 1903 war er Vorstandsvorsitzender der Siemens und Halske AG.

Bödiker wurde in der Hedwigskirche Berlin beigesetzt. In mehreren deutschen Orten wurden Straßen nach ihm benannt. 1896 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt Rheydt verliehen.

Ehrendes Gedenken

Büste von Tonio Bödiker in der Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums in Berlin
Bödiker-Denkmal in Haselünne

Bereits wenige Wochen nach seinem Tod gründete sich in seiner Heimatstadt Haselünne ein Komitee mit dem Ziel, „Tonio Bödiker in seiner Vaterstadt Haselünne ein würdiges Denkmal und eine seinen Namen tragende Stiftung für sociale Zwecke zu errichten.“[3] Der Bildhauer Anton Rüller aus Münster (Westfalen) wurde mit der Anfertigung eines Denkmals beauftragt. Die Enthüllung fand am 29. Juni 1909 statt. Bis 1967 stand das Denkmal zwischen Bahnhof und Volksschule.[4] Mehrfach verlegt und umgestaltet ist es seit 2008 in seiner originalen Ausgestaltung in Haselünne am Bödikerplatz (Bahnhofstraße) zu finden. Finanziert wurden die Neugestaltung des Bödikerplatzes und die Renovierung des Bödiker-Denkmals mit Fördermitteln der Europäischen Union (LEADER-Programm).

Ein weiteres Standbild Bödikers, entworfen und modelliert vom Bildhauer Gerhard Janensch, fand 1910 Aufstellung im Vestibül des Reichsversicherungsamtes Berlin.

Schriften

  • Die Zulässigkeit des Rechtsweges und die Kompetenz-Konflikte in der Provinz Hannover seit der Allerhöchsten Verordnung von 16. September 1867. Berlin 1870.
  • Das Gewerberecht des Deutschen Reichs. Berlin 1883.
  • Die Arbeiterversicherung in den europäischen Staaten. Leipzig 1895.
  • Die Reichs-Versicherungsgesetzgebung. Leipzig 1898.

Literatur

  • Ulrich Adolf: Tonio Bödiker – ein Emsländer schrieb europäische Sozialgeschichte. In: Jahrbuch des Emsländischen Heimatbundes. Band 37/1991, Sögel (1990), S. 243–253.
  • Ulrich Adolf: Bödiker, Tonio. In: Emsländische Geschichte. Band 6. Hrsg. von der Studiengesellschaft für Emsländische Regionalgeschichte, Dohren 1997, S. 145–151.
  • Ulrich Adolf: Tonio Bödiker (1843–1907). Erster Präsident des Reichsversicherungsamtes. Sögel 2006.
  • Wolfgang Ayaß: Wege zur Sozialgerichtsbarkeit. Schiedsgerichte und Reichsversicherungsamt bis 1945. In: Peter Masuch, Wolfgang Spellbrink, Ulrich Becker, Stephan Leibfried (Hrsg.): Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats. Denkschrift 60 Jahre Bundessozialgericht. Band 1: Eigenheiten und Zukunft von Sozialpolitik und Sozialrecht. Berlin 2014, S. 271–288.
  • Eckhard Hansen, Florian Tennstedt (Hrsg.) u. a.: Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871 bis 1945. Band 1: Sozialpolitiker im Deutschen Kaiserreich 1871 bis 1918. Kassel University Press, Kassel 2010, ISBN 978-3-86219-038-6, S. 17 f. (Online, PDF; 2,2 MB).
  • Wilhelm Rothert: Allgemeine Hannoversche Biografie. Band 1: Hannoversche Männer und Frauen seit 1866. Sponholtz, Hannover 1912, S. 63–66.
  • Willy Rülander: Zur Geschichte des Bödiker-Denkmals in Haselünne. In: Haselünner Heimatfreund.. In: Jahrgang. 13, 2011, S. 8–12.
  • Walter Vogel: Bödiker, Tonio Wilhelm Laurenz Karl Maria. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 375 (Digitalisat).

Weblinks

Commons: Tonio Bödiker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Horst Romeyk: Die leitenden staatlichen und kommunalen Verwaltungsbeamten der Rheinprovinz 1816–1945 (= Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. Band 69). Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-7585-4, S. 362 f. 
  2. Vgl. Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, II. Abteilung: Von der Kaiserlichen Sozialbotschaft bis zu den Februarerlassen Wilhelms II. (1881–1890), 2. Band, 2. Teil: Die Ausdehnungsgesetzgebung und die Praxis der Unfallversicherung, bearbeitet von Wolfgang Ayaß, Darmstadt 2001; Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, III. Abteilung: Ausbau und Differenzierung der Sozialpolitik seit Beginn des Neuen Kurses (1890–1904), 2. Band, Die Revision der Unfallversicherungsgesetze und die Praxis der Unfallversicherung, bearbeitet von Wolfgang Ayaß, Darmstadt 2009.
  3. Haselünner Zeitung. 23. Februar 1907.
  4. Haselünner Heimatfreund. Jahrgang 13 (2011), S. 10.
Landräte im Landkreis Gladbach

Franz Gottfried von Maercken (1816–1833) | Joseph Anton van der Straeten (1833–1850) | Franz Heinrich Rumschöttel (1850–1853) | Gustav von Wissmann (1853–1859) | Ernst Otto Schubarth (1859–1870) | Johannes Kiesel (1870–1871) | Louis Alexander Simons (1871–1873) | Tonio Bödiker (1873–1881) | Eduard Schmitz (1881–1895) | Rudolf von Bönninghausen (1895–1919) | Hermann Bresgen (1919–1920) | Joseph Jörg (1920–1929)

Vorstandsvorsitzende der Siemens AG und ihrer Vorgängerunternehmen

Siemens & Halske (1896–1966)
Tonio Bödiker (1896–1902) | Heinrich Schwieger (1896–1910) | Richard Albert Fellinger (1897–1902) | Emil Budde (1897–1910) | Alfred Berliner (1900–1911) | Carl Dihlmann (1900–1903) | August Raps (1900–1919) | Philipp Schrimpf (1900–1901) | Friedrich Albert Spiecker (1901–1917) | Robert Pfeil (1904–1920) | Otto Feuerlein (1910–1919) | Max Haller (1917–1920) | Werner Ferdinand von Siemens (1919–1920) | Adolf Franke (1919–1932) | Heinrich von Buol (1932–1945) | Fritz Jessen (1945 als Treuhänder) | Wolf-Dietrich von Witzleben (1945–1949) | Ernst von Siemens (1949–1956) | Hans Kerschbaum (1956–1966)

Siemens-Schuckertwerke (1903–1966)
Alfred Berliner (1903–1912) | Carl Friedrich von Siemens (1912–1919) | Otto Henrich (1919–1920) | Carl Köttgen (1920–1939) | Rudolf Bingel (1939–1945) | Wolf-Dietrich von Witzleben (1945–1949) | Günther Scharowsky (1949–1951) | Friedrich Bauer (1951–1962) | Bernhard Plettner (1962–1966)

Siemens AG (1966 bis heute)
Hans Kerschbaum (1966–1967) | Adolf Lohse (1966–1967) | Bernhard Plettner (1966–1968) | Gerd Tacke (1968–1971) | Bernhard Plettner (1971–1981) | Karlheinz Kaske (1981–1992) | Heinrich von Pierer (1992–2005) | Klaus Kleinfeld (2005–2007) | Peter Löscher (2007–2013) | Joe Kaeser (2013–2021) | Roland Busch (seit 2021)

Normdaten (Person): GND: 116217626 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: no2008055992 | VIAF: 19703739 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Bödiker, Tonio
ALTERNATIVNAMEN Bödiker, Anton Wilhelm Laurenz Karl Maria
KURZBESCHREIBUNG preußischer Spitzenbeamter (Geheimer Oberregierungsrat) und erster Präsident des Reichsversicherungsamtes
GEBURTSDATUM 5. Juni 1843
GEBURTSORT Meppen (Emsland)
STERBEDATUM 4. Februar 1907
STERBEORT Berlin