Helen Levitt

Helen Levitt (* 31. August 1913 in Brooklyn, New York City; † 29. März 2009 ebenda) war eine US-amerikanische Fotografin und Filmemacherin. Sie zählte zu den wichtigsten Vertretern der New Yorker Street Photography. Ihre bevorzugten Motive waren Kinder, die auf der Straße spielen, und das Alltagsleben in den Straßen der ärmeren Stadtviertel.

Leben und Werk

Helen Levitt wuchs in Brooklyn auf, wo sie auch nach ihrer Schulzeit von 1931 an für einen Porträtfotografen zu arbeiten begann. 1935 traf sie dadurch auf Henri Cartier-Bresson, kaufte sich spontan eine eigene Leica und machte ihre ersten Straßenaufnahmen. 1938 begegnete sie Walker Evans und wurde seine Assistentin. Von 1941 an, nach einer Mexikoreise, war sie als Filmeditorin bei Luis Buñuel tätig.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann sie, zusammen mit James Agee, an ihrem ersten Buchprojekt zu arbeiten. Es erschien erst zwanzig Jahre später unter dem Titel A Way of Seeing, da sich Helen Levitt inzwischen auch als Filmemacherin betätigte. In Zusammenarbeit mit James Agee und der Malerin Janice Loeb entstanden die Dokumentarfilme In the Street und The Quiet One. Letzterer wurde 1949 in der Rubrik Bester Dokumentarfilm für den Oscar nominiert. Außerdem wurde Levitt gemeinsam mit ihren Janice Loeb und Sidney Meyers 1950 für den Oscar in der Kategorie Oscar für das beste Originaldrehbuch nominiert. Helen Levitts Filme gelten als Vorläufer des unabhängigen Low-Budget-Films.

In den 1950er-Jahren wandte sich Levitt sich wieder mehr der Fotografie zu, und wieder zog es sie bei der Motivsuche auf die Straße. Zunächst fotografierte sie ausschließlich in Farbe, von etwa 1980 an entstanden parallel dazu auch Schwarzweißaufnahmen. Während sie zu Beginn ihrer Karriere aus einer Serie zufälliger Momentaufnahmen die besten auswählte, suchte sie ihre Motive nun gezielter und mit mehr Bedacht auf das Ergebnis.

Zwei große Retrospektiven widmeten sich 1991 in den USA und 2018/19 in der Albertina Wien dem künstlerischen Schaffen Levitts. In Zusammenarbeit mit der Albertina brachte der Kehrer Verlag eine Publikation^[1] heraus, die ein Zitat des Kunst- und Kulturkritikers David Levi Strauss auf der Banderole der deutschen Ausgabe trägt: "Die berühmteste und zugleich unbekannteste Fotografin ihrer Zeit", hat er Levitt dort genannt.^[2] Eine weitere Retrospektive des künstlerischen Werks der Fotografin im deutschsprachigen Raum fand im Rahmen der 48. Berliner Festwochen unter dem Titel Helen Levitt statt: Die Werkschau wurde 1998/99 im Frankfurter Kunstverein, dem Rupertinum Salzburg und in der Villa Stuck in München gezeigt.^[3]

Zuletzt lebte Helen Levitt im New Yorker Stadtteil Greenwich Village, wo sie 2009 im Alter von 95 Jahren in ihrer Wohnung im Schlaf verstarb.

Daten ihrer Karriere

• 1939 erste Veröffentlichungen in Zeitschriften
• 1943 erste Einzelausstellung im MoMA (Museum of Modern Art)
• 1959/1960 Guggenheim-Stipendien
• 1991 Retrospektive in San Francisco und weiteren Städten der USA
• 1997 Teilnahme an der documenta in Kassel
• 2008 «SPECTRUM» Internationaler Preis für Fotografie der Stiftung Niedersachsen, Ausstellung im Sprengel Museum, Hannover
• 2011 Sala Amos Salvador, Logroño. Spanien
• 2018/19 Albertina Wien

Einzel- und Gruppenausstellungen (Auszug)

• 1943 Helen Levitt: Photographs of Children, erste Einzelausstellung im Museum of Modern Art, New York
• 1974 Projects: Helen Levitt in Color, Museum of Modern Art, New York
• 1991/92 Retrospektive im San Francisco Museum of Modern Art (SFMOMA), dem Metropolitan Museum of Art, New York, sowie dem heutigen Smithsonian American Art Museum in Washington
• 2018/19 Retrospektive Albertina Wien

Werke (Auszug)

• Manhattan Transit – The Subway Photographs of Helen Levitt. Walther König, Köln 2017, ISBN 978-3-96098-122-0.
• Helen Levitt hrsg. von Peter Weiermair. Mit Beiträgen von James Agee und Peter Weiermair. München ; New York : Prestel 1998, ISBN 3-7913-1974-4.
• Helen Levitt. Fotografien. Text von Walker Evans. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2008, Leinen, 168 S., ca. 142 Abb., davon ca. 86 Farbfotos, ISBN 978-3-7757-2169-1.
• Helen Levitt: Slide Show: The Color Photographs of Helen Levitt. powerHouse Books, 2005, ISBN 978-1-57687-252-9.
• Helen Levitt: Crosstown. powerHouse Books, New York City 2001, ISBN 1-57687-103-7.

Filmografie

• In the Street (1948): Kamera
• Einer von den Stillen (The Quiet One) (1948): Kamera und Autor
• The Stairs (1950): Produktion
• The Savage Eye (1960): Kamera
• The Balcony (1963): Regieassistent
• An Affair of the Skin (1963): Co-Producer mit Ben Maddow
• In the Year of the Pig (1968): Co-Editor zusammen mit Hannah Moreinis
• The End of an Old Song (1972): Editor

Siehe auch

• Kinderfolklore

Literatur

• Andrea Henkens: Flanerie in der Großstadt. Auf der Suche nach dem Anderen im Alltäglichen: Surreale Blickweisen in den Fotografien von Helen Levitt. Tectum, Marburg 2005, ISBN 978-3-8288-8905-7 (zugleich Dissertation Universität Leipzig).
• Willfried Baatz: Photographie: von Louis Daguerre bis Nobuyoshi Araki. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2003, ISBN 3-8067-2539-X.
• Walter Moser: Helen Levitt (1913–2009). Das Buch zur großen Retrospektive in der Albertina Wien führt rund 130 ihrer ikonischen Werke zusammen. 2018, ISBN 978-3-86828-876-6.

Weblinks

Commons: Helen Levitt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

• Literatur von und über Helen Levitt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
• Materialien von und über Helen Levitt im documenta-Archiv
• Helen Levitt bei IMDb
• „Strassenfotografin Helen Levitt. Straight, direkt, unsentimental“, KulturSpiegel, Nr. 2, 28. Januar 2008
• Helen Levitt, Who Froze New York Street Life on Film, Is Dead at 95 – Nachruf von Margarett Loke in der New York Times, 30. März 2009
• Ausführliche Biografie und Bildbeispiele
• Helen Levitt, In: Albertina Wien

Einzelnachweise

1. ↑ Albertina. Helen Levitt (Deutsche Ausgabe) ISBN 978-3-86828-876-6
2. ↑ Fotografin Helen Levitt: "Da ich sprachlos bin, drücke ich mich mit Bildern aus" Stern, Susanne Baller. Abgerufen am 8. Mai 2024.
3. ↑ Helen Levitt, hrsg. von Peter Weiermair. Mit Beiträgen von James Agee und Peter Weiermair. München ; New York : Prestel 1998, ISBN 3-7913-1974-4.