BMW R 71

BMW
BMW R 71 von 1938
BMW R 71 von 1938
BMW R 71 von 1938
R 71
Hersteller: BMW
Bauzeit: ab 1938
Stückzahl:
Vorgängermodell: BMW R 12
Nachfolgemodell: keines
Technische Daten
Motor: Zweizylinder Boxer Viertakt
Hubraum: 746 cm³
Leistung: 16 kW bei 4600/min[1]
Getriebe: Viergang
Antrieb: Kardanantrieb
Leergewicht: 187 kg
Höchstgeschwindigkeit: 120–125 km/h
Bremsen: Trommelbremsen
Tankinhalt: 14 l
Kraftstoffverbrauch:

Die BMW R 71 war von 1938 bis 1941 das letzte Motorrad mit seitengesteuertem Motor der 750-cm³-Klasse des deutschen Motorradherstellers BMW. Sie folgte dem Pressrahmen-Modell R 12 nach, übernahm die für die R 11 und R 12 entwickelte hydraulisch gedämpfte Telegabel, bekam jedoch einen komplett neu entwickelten Motor mit Tunnelgehäuse, und ein neues Fahrwerk mit geschweißtem Rohrrahmen und der zuvor entwickelten Geradweg-Federung, anstelle der vorig gepressten Rahmenhälften mit starrem Heck.

Geschichte

Auf der Automobilausstellung in Berlin präsentierte BMW am 18. Februar 1938 mit den Modellen R 51, R 61, R 66 und R 71 eine neue Baureihe von großvolumigen Motorrädern mit Hinterradfederung.[2]

Entwicklung

BMW hatte in einem Fahrwerk vier Motorvarianten – R 51, R 61, R 66 und R 71 – verwirklicht und damit von 500 bis 750 cm³ vier Motorräder in verschiedenen Klassen geschaffen.[3]

„Die Ähnlichkeit der Motoren, wie die Verwendung des gleichen, allradgefederten Fahrgestells für alle vier Maschinen drängte zu deren Zusammenfassung in nur einem Handbuch, womit zugleich eine interessante Übersicht über das gesamte BMW-Programm in der großen Klasse gegeben wird.“

Handbuch für die BMW-Krafträder R 51, R 66, R 61 und R 71[3]

Lediglich eine sportliche 750er als Nachfolger der R 17 war nicht mehr im Programm.

Die R 71 war Vorlage für die Sowjetische URAL M72 und die hieraus abgeleitete DNEPR M72. Diese beiden Marken waren wiederum Vorlage für die Chinesische Chang Jiang 750.

Vermarktung

In der Werbung stellte BMW die R 71 als „Großtouren- und Beiwagenmaschine mit Hinterradfederung für stärkste Belastung“ heraus. Der Preis des Motorrades betrug 1938 1595 Reichsmark.[4] Die Produktion wurde 1941 nach 3458 Einheiten beendet[1] – die nächste zivile 750-cm³-BMW war 1969 die BMW R 75/5.

Technik

Motor

Die R 71 hatte einen längs eingebauten Zweizylinder-Boxer-Viertaktmotor mit seitlichen Ventilen.

Aufbau

Im Gegensatz zu den meisten anderen Konstruktionen war das Kurbelgehäuse nicht geteilt, sondern als einteiliges Tunnelgehäuse gegossen. Deshalb musste die Kurbelwelle beim Zusammenbau des Motors von Hand durch eine vordere Öffnung in das Gehäuse eingeführt werden. Die Kurbelwellenlager saßen in den Deckeln, die die Öffnungen verschlossen. Nachteile gegenüber geteilten Gehäusen waren ein schwieriger Guss und eine aufwendige Kurbelwellenmontage, die nicht automatisiert werden konnte.[5] Die Nockenwelle lag über der Kurbelwelle und wurde direkt über ein schräg verzahntes Stirnradpaar vom vorderen Kurbelwellenstumpf aus angetrieben. Die Nockenwelle öffnete über kurze Gleitstößel die Ventile.[6]

Zylinder

Die Zylinder aus Grauguss hatten abnehmbare Zylinderköpfe aus Leichtmetall und radiale Kühlrippen. Die geringe Verdichtung von 5,5 : 1 machte die R 71 für „handelsübliches Benzin“ geeignet – die Schwestermodelle benötigten mit höheren Verdichtungen ein „Benzin/Benzol-Gemisch (Aral, Dynamin, Esso, Olexin usw.)“.[3]

Vergaser

Die zwei Vergaser Graetzin G 24 hatten einen gemeinsamen Luftfilter auf dem Getriebegehäuse.[6]

Zündung

Die Batteriezündung von Bosch arbeitete mit einem Unterbrecher, der in Fahrtrichtung vorne auf der Nockenwelle unter der Schutzhaube gemeinsam mit Zündspule und Verteiler eingebaut war. Die Gleichstromlichtmaschine mit 6 Volt Spannung und 75 Watt Leistung lag über dem Motorgehäuse. Für Behörden- und Militärkunden waren leistungsfähigere Lichtmaschinen verfügbar.[6] Der Zündzeitpunkt musste belastungs- und drehzahlabhängig mit einem Hebel an der linken Lenkerhälfte eingestellt werden.[3]

Antrieb

Getriebe

Die R 71 hatte ein fußgeschaltetes Vierganggetriebe mit Kardanwelle auf der rechten Seite des gefederten Hinterrades. Zusätzlich war ein Handhebel an der rechten Seite des Getriebes vorhanden, der vor allem zum schnellen Auffinden des Leerlaufs empfohlen wurde.[3] Das Tunnel-Getriebegehäuse war direkt an das Motorgehäuse angeflanscht. Die Eingangswelle wurde direkt über die Einscheiben-Trockenkupplung im Schwungrad der Kurbelwelle angetrieben.

Hinterradantrieb

Das Hinterrad hatte einen Kardanantrieb mit folgenden Elementen im Kraftfluss:[6]

  • Hardyscheibe an der Ausgangswelle des Getriebes zum Winkelausgleich zwischen Ausgangswelle und der folgenden Gelenkwelle
  • ungekapselte Gelenkwelle mit Kreuzgelenkgabel abtriebsseitig – der sichtbare Teil des Kardantriebs
  • nadelgelagertes, gekapseltes Kreuzgelenk zum Winkelausgleich zwischen Gelenkwelle und folgendem Radantrieb
  • verschiebbare Kreuzgelenkgabel zum Längenausgleich auf der Eingangswelle des Kegelrad-Achsgetriebes
  • Eingangswelle mit Ritzel zum Antrieb des Tellerrades im Antriebgehäuse – Kraftumlenkung um 90°
  • nadelgelagerter Mitnehmerflansch im Antriebsgehäuse mit Steckverzahnung zum Antrieb des Hinterrades

Rahmen und Fahrwerk

Die R 71 hatte einen geschweißten Doppelschleifenrahmen mit Geradwegfederung am Hinterrad. Das Vorderrad wurde von einer ölhydraulisch gedämpften Teleskopgabel geführt. Vorderrad, Hinterrad und gegebenenfalls Beiwagenrad hatten Steckachsen und waren austauschbar.

Siehe auch

Literatur

  • Udo Stünkel: BMW-Motorräder Typenkunde : Alle Serienmodelle ab 1923. Delius Klasing, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-7688-2451-4. 
  • Die 2 Zylinder BMW R 71. „MOTOR CYCLING“, die bekannte englische Fachzeitschrift, schreibt am 12. Oktober 1938. In: BMW (Hrsg.): BMW Blätter. Nr. 34. München Februar 1939, S. 7–8 (Online [abgerufen am 8. Mai 2016] Hausmitteilungen der Bayerischen Motoren-Werke AG). 
Commons: BMW R 71 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • BMW R 71. In: BMW Geschichte. BMW AG, abgerufen am 9. Juli 2018 (Dossier des BMW Group Archivs). 

Einzelnachweise

  1. a b BMW R 71. In: BMW Geschichte. BMW AG, abgerufen am 5. Dezember 2015 (Dossier des BMW Group Archivs). 
  2. BMW stellt die Modellreihe R 51 / R 61 / R 66 / R 71 vor. In: BMW Geschichte. BMW AG, 18. Februar 1938, abgerufen am 29. Dezember 2015 (Dokument im BMW Group Archiv). 
  3. a b c d e Handbuch für die BMW-Krafträder R 51, R 66, R 61 und R 71. In: BMW Geschichte. BMW AG, April 1938, abgerufen am 28. Dezember 2015 (Handbuch mit Bildern, 48 Seiten). 
  4. BMW Krafträder in Technik und Leistung voran: R 20, R 35, R 61, R 71, R 51, R 66. In: BMW Geschichte. BMW AG, Januar 1938, abgerufen am 9. Juli 2018 (Dokument im BMW Group Archiv). 
  5. Hans-Joachim Mai: 1000 Tricks für schnelle BMWs. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1988.
  6. a b c d Ersatzteilliste für die Krafträder BMW R 51, R 66, R 61 und R 71. In: BMW Geschichte. BMW AG, April 1938, abgerufen am 29. Dezember 2015 (Ersatzteilliste mit Bildern, 87 Seiten). 


Zeitleiste BMW-Vorkriegsmotorräder
Klasse Typ 1920er 1930er 1940er
3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5
bis 250 cm³ Tourenmotorrad R 2 R 20
R 23
Sportmotorrad R 39
bis 500 cm³ Tourenmotorrad R 32 R 42 R 52 R 4
R 3 R 35
Sportmotorrad R 37 R 47 R 57 R 5 R 51
bis 750 cm³ Tourenmotorrad R 62 R 11 R 12 R 71
R 6 R 61
Sportmotorrad R 63 R 16 R 17 R 66

Prototypen, Rennmotorräder R 7 R 36
WR 750 R 51 RS

Militärmotorräder R 12
R 75 Gespann
V
Ältere BMW-Motorräder
Vorkriegszeit
Einzylinder

R 39R 2R 3R 4R 35R 20R 23R 36 (Prototyp)

Boxer

R 32R 37R 42R 47R 52R 57R 62R 63R 11R 16R 7 (Prototyp)R 12R 17R 5R 6R 51R 61R 66 • R 71 • WR 750 (Rennmotorrad)RS 500 Kompressor

Zweiter Weltkrieg

R 75 Gespann (Wehrmachtsgespann)

Nachkriegszeit

R 10 (Prototyp) • R 24R 25R 25/2R 25/3R 51/2R 51/3R 67/2R 68

Vollschwingen-BMW
1955–1969

R 26R 27R 50RS 54 (Rennmotorrad)R 60R 69R 50/2R 60/2R 50 SR 69 S

„Strich-Fünfer“
1969–1973

R 50/5R 60/5R 75/5

„Strich-Sechser“
1973–1976

R 60/6R 75/6R 90/6R 90 S

„Strich-Siebener“
1976–1985

R 60/7R 75/7R 80/7R 100/7R 100 SR 100 RSR 100 RTR 100 CS

„Kleine“ Zweiventil-Boxer
1978–1985

R 45R 65R 65 SR 65 GS

Zweiventil-Boxer
1980–1997
Vierventil-Boxer (1. Generation)
1993–2006

R 850 GSR 850 RTR 850 R / R ComfortR 850 CR 1100 RR 1100 RSR 1100 SR 1100 GSR 1100 RTR 1150 RTR 1150 RR 1150 R RocksterR 1150 RSR 1150 GSR 1150 GS AdventureR 1200 CR 1200 CL

Vierventil-Boxer (2. Generation)
2004–2013

R 1200 SR 1200 STR 1200 GSR 1200 GS AdventureR 1200 RR 1200 RT

Vierventil-Boxer (R nineT)
2014-2023

R nineTR nineT PureR nineT ScramblerR nineT RacerR nineT Urban G/S

Wasser-Boxer (1. Generation)
2013–2019

R 1200 GSR 1200 GS AdventureR 1200 RTR 1200 R

F- und G-Baureihe
seit 1993
K-Baureihe (Reihenmotor)
seit 1983
Dreizylinder

K 75K 75 CK 75 SK 75 RT

Vierzylinder

K 100K 100 RSK 100 RTK 100 LT • K 1 • K 1100 LTK 1100 RSK 1200 GTK 1200 LTK 1200 RK 1200 R SportK 1200 RSK 1300 GTK 1300 SK 1300 R

HP-Baureihe

HP4HP2 EnduroHP2 SportHP2 Megamoto

Roller

R 10 (Prototyp)C1 125C1 200C 600 SportC 650 GTC Evolution

V
Aktuelle BMW-Motorräder